Dissolving Views — 2024

Das Ausgangsmaterial für meine künstlerische Auseinandersetzung finde ich in Anthologien zu Bildhauerei und Skulptur, Katalogen von Museen und Galerien, Fachliteratur zur Vorgeschichte und bildenden Kunst. Diesem Konvolut werden einzelne Buchseiten entnommenen, unter Zuhilfenahme einer Leuchtplatte durchleuchtet und anschließend fotografisch reproduziert. Selbstreferentiell bewegen sich die vermeintlichen Doppelbelichtungen in einem Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Figürlichkeit, Materialität und der Auflösung von Formen sowie gestalterischen Zufällen die erzählerische Momente evozieren. Was sie gleichermaßen verbindet, ist eine immanente Referenz auf das Buch als Herkunftsort der Abbildungen und unsere mit dem Medium verknüpfte Rezeption bildhauerischer Werke. Die steinernen Körper und Skulpturen erfüllen hier vielmehr die Funktion einer Art Projektionsfläche und verweisen über sich hinaus.

Welche Bedeutung haben Bilder für uns und wie verhandeln wir die Distanz zwischen einem Objekt und seiner fotografischen Reproduktion be-
ziehungsweise zwischen einer fotografischen Reproduktion und unserer Erinnerung an das beziehungsweise Idee von dem, was darauf
abgebildet ist? Die Paradoxie, dass die Reproduktion dem Original einerseits gleich und andererseits entgegen gesetzt ist, stellt innerhalb der künstlerischen wie der kunstwissenschaftlichen Diskurse nach wie vor einen blinden Fleck dar. Die Reproduktion im allgemeinen
und somit alle Reproduktionen sind nicht so sehr minderwertiges und notwendig unvollkommenes Surrogat des unerreichbaren Originals, sondern dessen Derivat und Erweiterung. Die Geschichte eines jeden originalen Werkes ist im selben Maße die Geschichte seiner Reproduktionen.